Es gibt viele verschiedene Wege, wie Menschen den Weg der Kampfkünste (Wushu/Kempo) finden, doch es gibt mehrere Punkte, die man bei der Wahl von Kampfkunststil und Kampfkunstschule beachten sollte. Stellen Sie sich deshalb die richtigen Fragen!
Was erwarte ich vom Kampfkunststil?
Es gibt primäre und sekundäre Gründe, die einem bei der Suche nach einer geeigneten Kampfkunst helfen. Machen Sie sich bewusst, was Sie erwarten. Wer sich selbst erkennt, weiß wonach er sucht. Die folgenden Punkte sollen Ihnen helfen, die für Sie geeigneten Kampfkunststile zu finden.
- Vertiefung des Interesses
Wenn Sie bereits eine relativ konkrete Vorstellung von dem haben, was Sie lernen möchten, dann sollten Sie auch den entsprechenden Weg weiter gehen. Zum Beispiel bei Interesse an japanischen Ninjas, liegt es Nahe, dass Sie in Betracht ziehen sollten als erstes eine Ninjitsu-Schule zu suchen. Ihre Interessen könnten vielleicht auf eine bestimmte Region gerichtet sein.Wenn Sie sich beispielsweise für China begeistern, haben Sie eine riesige Auswahl an Stilen zur Verfügung – nur ein paar Beispiele: Tai Chi Quan, Bagua, Qi Gong, Quan Shu, Taijiquan, Hung Gar, Shaolin Wushu, Chang Quan, Wudang Wushu, Weng Chun, Choi Li Fut, Jeet Kun Do. Andere Regionen Asiens, zum Beispiel Japan, Korea, Thailand, Philippinen und Indien, haben ebenfalls eine sehr große Kampfkunsttradition und so auch eine große Auswahl an Stilen. In anderen Erdteilen ist die Tradition der Kampfkünste heute nicht (mehr) so reich, was die Wahl erleichtert.
Es kann sein, das Sie Interesse an einem traditionellen, historischen Stil haben oder sind Sie auch offen für einen neuen Stil. Chang Quan ist ein traditioneller Stil, Jeet Kun Do ist ein neuerer Stil (aber verwurzelt). Beide sind chinesischen Ursprungs.
Ein sehr wichtiges Unterscheidungsmerkmal der Stile ist der Kampfcharakter. Viele Interessen an den Kampfkünsten sind mit der Frage des Kampfcharakters der Stile verbunden. Was ist Ihr Interesse?
In China hieße die Frage: »Innerer Stil oder äußerer Stil?« Die chinesischen Kampfkünste (Wushu) teilt man so grob ein, wobei man einen Kampfcharakterunterschied meint. »Innere Stile« meint eher: Weich, rund, fließend und locker. »Äußere Stile« meint eher: Hart, geradlinig, direkt und kraftvoll. Meist kommen die »inneren Stile« aus Südchina, wie z.B. Wudang Wushu und die »äußeren Stile« aus Nordchina, wie z.B. Shaolin Wushu.
Für mich ist diese Kampfcharakterunterscheidung aber auf alle Kampfkünste anwendbar. Zwei Beispiele aus Japan: Das Aikido hat ganz klar »inneren« Charakter und das Karate do hat ganz klar »äußeren« Charakter. Es gibt auch Kampfkünste, die bewusst den Weg zwischen »innen« und »außen« gehen. Ling Mu Quan ist so ein Stil.
Es gibt aber in der Welt der Kampfkünste neben »innen« und »außen« noch weitere Kampf-charakteristische Unterscheidungen, die wichtig für Ihr Interesse sein können. Welche Techniken, werden in welcher Gewichtung und in welcher Art gelehrt? Einige wichtige Fragen, mit denen Sie klären, ob beispielsweise viel gerungen wird (wie z.B. beim Judo und Jiu Jitsu) oder viel geschlagen wird (wie z.B. Karate und Boxen) oder viel getreten wird (wie z.B. Tae Kwon Do und Capoeira) oder auch viele Formen gelehrt werden (wie z.B. Tai Chi Quan und Shaolin Wushu).
Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist, ob der Stil waffenlos ist oder Waffentraining einschließt. Wer sich für Schwertkampf interessiert, findet z.B. beim Kendo, beim Haidong Gumdo oder beim mittelalterlichen europäischen Schwertkampf mögliche Kandidaten.
- Körperliche Beanspruchung
Für die Ausdauer empfehle ich beispielsweise westliches Boxen, Kickboxen oder Muay Thai. Für das Krafttraining kommen zum Beispiel Sumo, Ringen, oder Judo in Frage. Zur Verbesserung der körperlichen Disziplin empfehle ich Karate, Aikido, Kempo, Tai Chi oder Kendo. Wenn es Ihnen hauptsächlich um die Beweglichkeit geht, wären Tae Kwon Do, Chang Quan, Jiu Jitsu, Capoeira oder Kalarippayat passende Kandidaten.Jede Kampfkunst hat weit mehr als nur eine Stärke, zum Beispiel fördert Judo (weicher Weg) körperlich nicht nur die Kraft, sondern auch die Beweglichkeit, die Schnelligkeit, körperliche Disziplin… Man sollte sich über die körperliche Beanspruchung der jeweiligen Kampfkunst informieren. Dann verhindern sie, beim einstieg, körperliche Überforderung.
Zwei übertriebene Beispiele: ein älterer geschwächter Mensch sollte nicht mit Muay Thai-Training in die Welt der Kampfkunst starten, sondern mit einer sanfteren Kampfkunst beginnen. Ein ungelenkiger Mensch (kein Sport als Kind), mit einem durch die Büroarbeit und zu viel Essen geformten Körper, sollte seine Neubelebung, nicht mit Chang Quan-Training starten, sondern eher mit Fitness Boxen beginnen fit zu werden.
- Innere Ausgeglichenheit und Gesundheit
Es gibt Stile, die sich besonders der Förderung innerer Ausgeglichenheit und der Gesundheit widmen, dazu zählen unter anderem Tai Chi, Qi Gong oder Wudang Wushu. Diese Stile beinhalten meditative Formen und Übungen. Die inneren Kräfte werden dabei gestärkt. Nicht alle, aber einige der zahlreichen Tai Chi– und Qi Gong-Stile eignen sich auch für einen Einstieg im hohen Alter oder bei einem geschwächten Zustand. - Sportliche Auseinandersetzung
Wenn Sie speziell an kampfsportlichen Auseinandersetzungen interessiert sind, wählen Sie eine Kampfkunst, die auch eine sportliche Auseinandersetzung vorsieht, wie z.B. Fechten, Judo, Tae Kwon Do, Karate, Boxen, Sanda, Kickboxen, Muay Thai, oder MMA (Mixed Martial Arts).Die Härte der vorgesehenen Auseinandersetzung unterscheidet sich in den verschiedenen Disziplinen. Wenn Sie im Leistungssportbereich aktiv werden wollen, ist es vorteilhaft, eine Kampfkunst zu wählen, die olympisch anerkannt ist, wie z.B. Judo, Teakwondo, Boxen, Ringen oder Fechten.
Ling Mu Quan beinhaltet kaum sportliche Auseinandersetzung – mit einer Ausnahme: Es eignet sich für das Training der nicht so bekannten Tui Shou-Turniere (Schiebende Hände).
- Selbstverteidigung (SV)
Es gibt Stile, deren Schwerpunkt die Selbstverteidigung ist. Weil viele Menschen um ihre Sicherheit fürchten und die wachsende soziale Verwerfung weltweit aber auch in Deutschland dieses Gefühl weiter nähren wird, boomt der private Sicherheitssektor und damit auch das Angebot an SV Kursen …Die Möglichkeit zur Selbstverteidigung, ist wohl (und war) der häufigste Grund, warum Menschen sich für Kampfkünste interessieren. Die Konzepte der traditionellen Schulen und Systeme, die sich auf SV spezialisiert haben, sind dabei zum Teil doch sehr verschieden.
Ein Beispiel für einen Traditionellen Stil der heute im SV Sektor präsent ist, ist Wing Chun, das durch die Nonne Wu Mei geschaffen wurde. Es zeichnet sich durch ein relativ klares Kampfkonzept (Taktik) aus, welches sehr systematisch vermittelt wird. Wenn Wing Chun nicht zu traditionell unterrichtet wird, sondern angepasst und modernisiert, ist es wegen der anfängliche Reduzierung auf wenige Techniken, die sich besonders gut zur Selbstverteidigung eignen, und einer klaren Taktik eine gute Möglichkeit seine SV-Fähigkeiten zu erhöhen.
Ein bekanntes Beispiel für modernisiertes Wing Chun bietet Master Wong aus England an. Es gibt auch andere traditionelle Stile, die sich mehr oder weniger modifiziert, zur Selbstverteidigung eignen. Eskrima, oder auch Arnis bzw. Kali haben ein ähnliche systematische Klarheit wie Wing Chun. Es handelt sich um eine philippinische Kampfkunst, wobei der Stockkampf eine große Rolle spielt.
Wichtig für die Selbstverteidigung ist auch der Bodenkampf, wie er beim brasilianischen Jiu Jitsu besonders ausgeprägt trainiert wird. Modernisierte, traditionelle SV-Stile und erst recht neue SV Systeme sollten Basistechniken des Bodenkampfes von z.B. Judo oder Jiu Jitsu aufnehmen, um zur Not auch auf dem Boden kämpfen zu können. Extrem wichtig, für einen guten SV-Stil, ist es auch gute Bodenkampfvermeidung zu trainieren. Sowohl Taktiken als auch Techniken.
Zu den „militärischen Stilen“, die sich gut zur Selbstverteidigung eignen können, gehören unter anderem Systema aus Russland und Krav Maga aus Israel. Bei den „militärischen Stilen“ ist es oft schwer, den richtigen Trainer zu finden, da in diesem „militärischen Bereich“, viele Blender unterwegs sind. Das gilt besonders für das eigentlich sehr interessante Systema.
Es gibt einige neue, reine Selbstverteidigungstile für Zivilisten, welche sich den heutigen Gegebenheiten gut anpasst haben. In Deutschland macht mir z.B. System without System von David Ruessel einen sehr guten Eindruck.
Wichtig zu erwähnen ist, dass jedes Selbstverteidigungs-Training irgendwann härteres Sparring beinhalten muss. Mann muss im Training Druck aushalten, will man „auf der Straße bestehen“.
Es ist für mich nicht denkbar, mit nur wenig Training sein Können signifikant zu verbessern, egal welchen SV-Stil man wählt. Wenn euch ein Meister oder eine Schule ganz viele Versprechungen abgeben, die noch dazu ganz schnell und leicht zu erreichen sind, ist höchstes Misstrauen angebracht!
Was erwarte ich von der Kampfkunstschule?
Ich finde, „das sich wohlfühlen“ im Training ein viel wichtigerer Grund ist, sich für oder gegen eine Schule zu entscheiden, als der Kampfkunststil! Ich empfehle Ihnen, verschiedene Kampfkunstschulen in Ihrer Region nach den anfangs genannten Kriterien auszuwählen. Nehmen Sie dann die angebotenen Probetrainings wahr und entscheiden erst, wenn Sie vergleichen können.
Wie bei der Stilwahl, gibt es verschiedene wichtige Kriterien, die Sie bei der Wahl der Schule beachten sollten. Achten Sie beim Probetraining auf folgende Punkte und vergleichen Sie die verschiedenen Schulen auch danach:
- Meister Kompetenz – Charakter – Unterricht …
- Schüler Zahl – Atmosphäre …
- Dojo Trainingsraum – Umkleideraum – Duschen – WC …
- Erreichbarkeit Entfernung – Verbindung …
- Trainingszeiten Häufigkeit – Vereinbarkeit …
- Kosten Privatunterricht – Schule – Verein …
Gehen Sie im Allgemeinen so vor: Suchen, Vergleichen, Denken, Fühlen und Entscheiden. Alle systematischen Vergleiche sind hinter dem Bauchgefühl anzustellen. Letztendlich macht eine Anmeldung nur Sinn, wenn man dann auch regelmäßig trainieren geht.
An die, die sich schlecht entscheiden können sage ich: Sehen sie die Entscheidung als nicht zu wichtig und nicht als endgültig an. Es ist der Beginn eines dynamischen Weges, aber keine ewige Festlegung. Letztlich das regelmäßige Weitermachen ist entscheidend. Ich habe mehrfach den Stil gewechselt, aber niemals aufgehört, Kampfkunst zu betreiben – meinen Weg zu gehen …
Falls Sie mehr über Ling Mu Quan erfahren möchten, lesen Sie bitte die Seite »Einführung & Hintergründe«. Außerdem empfehle ich Ihnen ein gutes Buch …
Wichtig ist, auf lange Sicht die innere Energie zu halten!